Von Glitzercupcakes und Delfinen im Klo

Barbie Berlin

I’m a Barbie Girl (irgendwo musste ich diesen Satz unterbringen)

Zu den Dingen, die ein Berliner angeblich nicht sagt, gehört (laut einer der aus dem virtuellen Boden sprießenden „Things werauchimmer don’t say“-Seiten): „Warst du schon im Barbie-Haus?“ Nun, gut, dass ich kein wahrer Berliner bin, denn ich sage das nicht nur, ich beantworte das nun auch endlich mit JA! Ja, viel zu spät, aber nun, da all der Protest irgendwelcher Feministinnen über ein kleines Kinderparadies abgeklungen ist, scheint die Zeit für eine etwas entspanntere Betrachtung gekommen.

Eine Betrachtung des Berliner Barbie-Hauses, nein, der “Barbie Dreamhouse Experience”, wie es eigentlich heißt, das Areal mit dem pinken Haus hinter dem Alexanderplatz, zwischen Hochhäusern, an den S-Bahn-Schienen, das hier seit dem 16. Mai einlädt, auf über 2500 Quadratmetern zu erleben, wie Barbie lebt.

Kiesauffahrt mit High-Heel-Brunnen. Barbie wohnt herrschaftlich

Kiesauffahrt mit High-Heel-Brunnen. Barbie wohnt herrschaftlich

Dreht man den Bahnschienen den Rücken zu, funktioniert die Illusion schon mal ganz gut: ein überdimensionaler, pinker Schuh, ein gepflegter Vorgarten, ein imposanter Eingansbereich mit zig Puppen in pinken Kleidern – meine beiden Mit-Nicht-Berlinerinnen-und-Barbie-Besucherinnen (tasächlich sind wir allesamt aus Bayern zugezogen und tragen unabgesprochen pinke Kleidung) erleben ein Disneyland-Gefühl, das wir uns auch nicht trüben lassen, als die Plane zwischen künstlichen Gras uns Haus hochweht und einen Blick auf Holzstreben und Pappmaché offenbart.


Nein, nein, wir sind gnädig mit Barbie und ihrem gezimmerten Haus und geblendet von Pink, freuen uns darüber, Avataren unseren Namen zu geben, in Barbies Küche bunte Cupcakes zu backen (wenn auch nur an einem Touch-Screen),

Meine Freundin Doni hat einen wundervollen Cupcake gebacken

Meine Freundin Doni hat einen wundervollen Cupcake gebacken

lieben die kitschige Küchendeko

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und auch, dass Ken draußen sein Auto wäscht, während Barbie Obst in ihre Küchenschublade packt und den Abwasch macht, stört uns nicht – dass man hier nicht den Anspruch hat, Realität abzubilden oder eine gesellschaftlich relevante Vermittlungsfunktion oder Erziehungsfunktion für Kinder zu übernehmen, muss man so hinnehmen.

Schöner Ausblick beim Abwasch

Schöner Ausblick beim Abwasch

Es geht hier um Spaß, eine pinke Wunderwelt und Glitzercupcakes. Für alle die, die so was mögen. Es ist auch davon auszugehen, dass ein Nachmittag im Fantasieleben einer Fantasiefigur nicht dafür sorgen wird, dass alle Mädchen Barbies Leben so leben wollen.

Wobei. Ich bin durchaus nachhaltig beeindruckt von dieser pinken Cupcake-Küche und hätte nichts dagegen einzuwenden, hier herzchenstreuselnd auf Ken zu warten.

Wer will bloß keine Küche mit solchen Cupcakes?

Wer will bloß keine Küche mit solchen Cupcakes?

Dennoch: Das erste Mal enttäuscht sind wir, als uns im Winterwunderlandzimmer neben der Küche die Fahrt mit Barbies Schlitten verwehrt wird (wir sind, nun ja, zu alt), schnell folgt eine weitere Ernüchterung, als sich die Hundehütte von Barbies Hund nicht auf Knopfdruck öffnet – wie eigentlich gedacht. Er sollte rauskommen und bellen! Ein Blick hinter die Hundehüttentür zeigt: Da ist wieder nur Holz und kaputte Elektronik. Die offizielle Erklärung der Mitarbeiterin: “Barbies Hund hat sich verletzt, weil böse Leute Müll auf die Straße geworfen haben! Das dürft Ihr nie tun.”

Das ist nur ein Ersatz-Deko-Hund. Barbies wahrer Hund ist kaputt.

Das ist nur ein Ersatz-Deko-Hund. Barbies wahrer Hund ist kaputt.

Pädagogisch sinnvoll mag das sein – aber bei 15 Euro Eintritt (für „Erwachsene“) wünscht man sich doch, dass die Attraktionen auch funktionieren. Das sei eben keine deutsche Technik, sagt die Mitarbeiterin dann inoffiziell, die amerikanischen Sachen gingen viel schneller kaputt. Und so verzaubern uns zwar Barbies riesiger Kleiderschrank

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und ihr Himmelbett – aber dass der Delfin, der eigentlich mit einem Geräusch aus der Toilette springen sollte, unter dem Klodeckel feststeckt wie ein gestrandeter Wal, macht uns wieder ein bisschen traurig. Die Mitarbeiterin, die Barbies Bad bewacht, behauptet zwar, das sei schon immer so – dank einer Kollegin, die zur Eröffnung den Barbie-Haus-Test machte, wissen wir aber: Das stimmt ja gar nicht.

Zum Schluss geht es mit Barbies Privatflugzeug zur Fashion Week nach Paris – irritierenderweise gibt es in Barbies Paris auch ein Empire State Building und eine italienische Vespa vor Mailänder Fototapete, aber egal.

Ménage à trois a Paris

Es war fast wie im echten Paris

Kinder, deren Eltern noch ein bisschen mehr bezahlt haben, dürfen hier über einen Laufsteg flanieren, in Glitzerkleidern mit Glitzerschminke, bewacht von einer Mitarbeiterin, deren rosa Tutu bunt blinkt. Wir ergattern einen Platz in der zweiten Reihe der Modenschau, da wollten wir immer schon mal hin.

Wer träumt nicht davon: Fashion Week in Paris

Wer träumt nicht davon: Fashion Week in Paris

Uns macht das Spaß, den Kindern noch viel mehr – das Mädchen, das, wenn man so sagen kann, die Show eröffnen durfte, dreht eine Laufstegrunde nach der anderen und verlässt erst auf Aufforderung des blinkenden Rocks die Bühne.

Und in Paris gibt es endlich auch einen Platz für alle Kens, die sich zu diesem Ausflug haben überreden lassen: Ein rechteckiges, blaues Stück Teppich ist mit “Ken” beschriftet, darauf ein paar blaue Stühle. Ordnung muss sein!

Und auch wir ruhen uns aus, in Barbies Café, wo die Cupcakes viel weniger bunt sind, als in ihrer Küche. Fast zwei Stunden haben wir in ihrer pinken Welt verbracht, ein Fazit fällt schwer: Man hat sich viele Gedanken gemacht, Liebe ins Design und Detail gesteckt – nur bei der Ausführung vielleicht ein bisschen gespart. Aber in einem sind wir uns einig: Schön pink war’s.

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